Smarte Notizen – eine Anleitung

Mann vor einer Wand, beklebt mit Notizen

smarte Notizen Photo by Luis Villasmil on Unsplash

Kennst du das? Du lernst für eine Prüfung oder eine Klausur und schaust dir deine Aufzeichnungen immer wieder an. Du hast das Gefühl, jetzt weißt du alles. Und dann kommt der Moment der Wahrheit: Du sitzt vor der Aufgabe und dir fallen die Punkte nicht mehr ein. Dieses Gefühl wird oft als Illusion of competence bezeichnet. Du glaubst etwas zu wissen. Aber wenn du es (ohne Hilfsmittel) erklären sollst, dann ist da nur … Leere.

Wenn du dieses Gefühlt kennst, dann liegt das sehr wahrscheinlich daran, dass du dir keine smarten Notizen machst. Dabei ist das gar nicht kompliziert. Smarte Notizen lassen sich unkompliziert erstellen und sie sparen eine Menge Zeit. 

  1. Musst du nicht immer wieder in die Unterlagen schauen, weil du dich schon wieder nicht an diese eine Formel erinnern kannst. Und
  2. Kannst du mit smarten Notizen auch einfacher lernen (wenn du das musst).

Die drei wichtigsten Punkte für smarte Notizen kannst du dir hier ansehen. Außerdem bekommst du für die Punkte gleich noch ein Beispiel dazu. 

Also los. Wie geht das mit den smarten Notizen? Smarte Notizen sind …

1. aktiv

Ideen und neue Gedanken solltest du in eigene Worte fassen. Nur so weißt du, ob du diesen Gedanken verstanden hast. Dabei solltest du in der Lage sein, die Idee so einfach wie möglich zu erklären. Ohne Fremdworte. So, als würdest du einem Kind erklären, worum es geht. Diese Idee wird oft als Feynman-Methode bezeichnet. [1]Strenggenommen ist die einfache Darstellung in eigenen Worten nur ein Teil der Feynman-Methode – allerdings ist es der wichtigste.

Gleichzeitig solltest du eine eigene Struktur finden, um die Ideen oder Fakten festzuhalten. Es geht nicht darum, die Struktur des Textes, Buches oder Videos zu kopieren. Vielmehr solltest du eine für dich sinnvolle und nachvollziehbare Struktur wählen, um deine Notizen zu hinterlegen. Wenn du weißt, warum du dich mit dieser Information auseinandersetzt, dann hast du in der Regel auch schon eine Struktur.

Willst du die neuen Informationen lernen, dann bietet sich die Q – E – C – Struktur an. Cal Newport beschreibt sie in seinem Buch „How to become a straight A student“*[2]Affiliate Link Die Buchstaben stehen für Question (Frage) – Evidence (Beweis) – Conclusion (Schlussfolgerung). 

Frage –  Worum geht es? In Sachbüchern bilden die Zwischenüberschriften bereits die Fragen ab. Oft musst du die Frage aber selbst suchen. Sie ergibt sich aus der Kombination von Schlussfolgerung und Beweis.

Beweis – Der Beweis stützt die Idee (Schlussfolgerung), die dargestellt wird. Oftmals werden mehrere Beweise oder Beispiele gewählt, um die Schlussfolgerung möglichst stark zu machen.

Schlussfolgerung – In Texten sind das oftmals neue Ideen oder auch Ergebnisse, die erläutert werden.

Um diese Struktur zu nutzen, kannst du dir beim Lesen Markierungen setzen (zum Beispiel machst du an neue Ideen (Schlussfolgerungen) ein ! und an Beweise einen *. Wenn du die Frage direkt im Text findest, markierst du sie mit einem ->. Es kann sein, dass die Frage nicht explizit im Text erwähnt ist. Dann musst du sie für dich aus der Schlussfolgerung und den Beweisen ableiten. Dazu fragst du dich, was diese Punkte beweisen sollen und wie die Frage dahinter aussehen kann. 

Du kannst die das folgende Beispiel ansehen. Die Markierungen sind direkt in den Text eingefügt und aus dem Text wird das Q – E – C – Schema abgeleitet.

„Thales […] bezeichnet als […] Ursprung [archḗ] das Wasser [hýdōr]. Auch das Land, lehrte er deshalb, ruhe auf dem Wasser. (!) Den Anlass zu dieser Ansicht bot ihm wohl die Beobachtung, dass die Nahrung aller Wesen feucht ist (*), dass die Wärme selber daraus entsteht und davon lebt(*); woraus aber jegliches wird, das ist der Ursprung von allem. War dies der eine Anlass zu seiner Ansicht, so war ein andrer wohl der Umstand, dass die Samen aller Wesen von feuchter Beschaffenheit sind(*), das Wasser aber das Prinzip für die Natur des Feuchten ausmacht.“ 

– Aristoteles: Metaphysica 983b20f. (https://de.wikipedia.org/wiki/Thales)

Wenn du dir die Markierungen ansiehst, dann merkst du, dass der Text das Schema in umgekehrter Reihenfolge abbildet:

Schlussfolgerung: Die Welt besteht aus einem einzigen Urstoff. Thales sagt, dieser Urstoff ist das Wasser.

Beweis: Alle Lebewesen benötigen Nahrung zum Leben. Diese Nahrung ist immer feucht. Auch Wärme besteht aus entsteht aus Feuchtigkeit. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Da Alles Leben auf Wasser beruht, muss dieser eine Stoff allen anderen zugrunde liegen.

Es wird keine Frage formuliert. Aus dem Text lässt sich sich aber ableiten:

Frage: Woraus besteht die Welt? 

Überführt in das Q – E – C -Schema, sehen die Notizen so aus:

Frage: Woraus besteht die Welt? 

Beweis: Alle Lebewesen benötigen Nahrung. Nahrung ist immer feucht. Auch Wärme, die zum Leben notwendig ist, entsteht letztendlich aus Feuchtigkeit. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Daher muss dieser eine Stoff allen anderen zugrunde liegen.

Schlussfolgerung: Die Welt besteht aus einem einzigen Urstoff. Thales sagt, dieser Urstoff ist das Wasser.

Durch die Überführung des Textes in eine eigene Struktur & dadurch, dass du dir die Idee in eigenen Worten aufschreibst, setzt du dich aktiv mit den Informationen auseinander. Das hilft dir dabei, das Gelesene zu verstehen. Und du merkst dir die Informationen auch besser.

Notizen werden also smart, wenn du sie aktiv erstellst. Smarte Notizen sind außerdem …

2. atomar

Eine Notiz sollten aus nur einem Gedanken bestehen. Stell dir vor, du musst den Text auf eine Karteikarte schreiben. Mit der Hand. Das ist der Richtwert für die länge deines Textes. Eine Übertragung dieser Idee findet sich in dem Begriff atomic notes. Sie sind auf einen Punkt reduziert. 

Notizen sollen einfach geschrieben sein. Außerdem muss aus dem Text klar werden, worum es geht. Du kannst dich nicht darauf verlassen, dass du auch in einigen Wochen noch weißt, was du mit einer Abkürzung oder einem Strichpunkt gemeint hast. Schreibe darum lieber kurze Sätze (nicht nur Stichpunkte). 

Wenn du bei dir das Beispiel zu Thales ansiehst, merkst du, dass die jeweiligen Notizen kurz und klar sind. Ohne Fremdworte und damit auch für Personen, die sich noch nicht mit Thales beschäftigt haben, nachvollziehbar:

Die reduzierten Notizen lassen sich besser lesen und auch besser lernen. Wenn du dir eine Lernkartei (flashcards) anlegen möchtest, dann kannst du sie direkt aus deinen Notizen erstellen. Sogar die Struktur passt dazu (Fragen auf der einen, Antworten auf der anderen Seite). 

Deine Notizen sind damit aktiv erstellt und auf das Wesentlichereduziert (atomar). Smarte Notizen sind aber vor allem …

3. vernetzt

Der Vorteil von kurzen Notizen ist, dass du sie miteinander in Beziehung bringen kannst. Wenn du Notizen auf nur einem Blatt zu stehen hast, kannst du damit nicht sehr gut arbeiten – und noch schlechter lernen. Darum ist es wichtig, sich eine Struktur zu erstellen, die dir das Leben leichter macht. Eine Möglichkeit bietet das Erstellen von Karteikarten. Oder Zetteln. Diese Karten kannst du digital oder auch handschriftlich erstellen. Denk dran, dass du immer nur eine Information pro Karte aufschreibst. 

Wie du die Karten aufbewahren und für dich arbeiten lassen kannst, steht hier.

Es gibt inzwischen eine ganze Menge an Programmen die dich dabei unterstützen, smarte und vernetzte Notizen zu erstellen. Welches du letztendlich nutzen möchtest, solltest du für dich testen. Es kommt darauf an, was du mit deinen Notizen machen möchtest (oder musst). Du solltest aber schauen, dass das Programm Wikilinks (oder Backlinks) unterstützt. 

Mit smarten Notizen wird auch das Lernen leichter. Wenn du also noch zur Schule gehst oder Studierst oder für andere Bereiche Dinge auswendig lernen musst, dann sind smarte Notizen das Mittel der Wahl.

4. Lernen mit smarten Notizen

Leider können dir die Notizen nicht die Arbeit des Lernens abnehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr groß, dass du dir bereits über das Anfertigen der Notizen eine ganze Menge gemerkt hast. Den Rest lernst du am Besten über mehrere Tage verteilt und mit dem Lernkartei-System. Das kennst du vielleicht vom Vokabellernen. 

Wenn du mit handschriftlich erstellen Karten lernen möchtest, dann drehst du sie nach dem Beschreiben um und notierst auf die Rückseite eine Frage, die in einem Test zu dieser Information gestellt werden könnte. Wenn du das Q – E – C – Format für deine Notizen genutzt hast, ist das sehr einfach – die Fragen und die zugehörigen Antworten hast du ja schon in deinen Unterlagen.

Du nimmst dir deine Karten mit den Fragen und beantwortest sie. Erst dann drehst du die Karte um und schaust, ob du alles gewusst hast. Du beschäftigst dich also wieder aktiv mit den Informationen (statt sie immer und immer wieder zu lesen). Wenn die Antwort passt, dann legst du die Karte zur Seite und nimmst dir eine nächste Frage vor. Und so weiter. Weißt du die Antwort nicht (oder kommst nur sehr zögerlich drauf) dann lege diese Karte auf einen extra Stapel.

Wenn du alle Karten einmal durchgegangen bist, machst du eine Pause. Und dann nimmst du dir nur die Stapel mit den Fragen, bei denen du dir nicht sicher warst. Und gehst die Fragen noch einmal durch. Hier sortierst du wieder nach Fragen, auf die du die Antwort wusstest und nach Fragen, die dir noch schwergefallen sind. Ist der Stapel abgearbeitet, machst du wieder ein Pause. Und im Anschluss … du ahnst es schon … nimmst du wieder den Stapel mit den Fragen, die du noch nicht wusstest. Der Prozess wiederholt sich, bis zu alle Fragen beantworten konntest. 

Es ist sinnvoll, das Lernen über mehrere Tage zu verteilen. Dann kannst du sicher sein, dass dir während des Tests, der Prüfung oder der Klausur die Antworten einfallen und dich nicht mehr die Leere mehr im Kopf erwartet.

Wenn du digital arbeitest, dann kannst du dir flashcards erstellen. Beliebt sind ANKI-Cards. Es gibt aber auch Notizprogramme, die eine flashcard-Funktion bereist integriert haben (Logseq). Oder du kannst du Funktion über ein Plugin ergänzen (Obsidian). Auch hier kommt dir wieder die Q – E – C – Struktur entgegen. Der Prozess funktioniert wie mit den analogen Karten. In der Regel nehmen dir die Programme sogar die Überlegung ab, wann du dir eine schwierige Karte noch einmal anschauen solltest. Auch hier gilt: Plane dein Lernen so, dass es sich über mehrere Tage zieht. Lernen kurz vor Schluss funktioniert auch mit dieser Methode leider nur bedingt.

References

References
1 Strenggenommen ist die einfache Darstellung in eigenen Worten nur ein Teil der Feynman-Methode – allerdings ist es der wichtigste.
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